Chronik des Turnvereins 1906 Berstadt e. V.

 

Die Anfänge des TV – Frühe Vereinsgeschichte      1906 – 1931

 Am 2. April 2006 besteht der Turnverein Berstadt 100 Jahre. Verhältnismäßig spät fanden die Gedanken Friedrich Ludwig Jahns auf dem flachen Lande Eingang.  Junge Handwerker, die während ihrer Lehrzeit in den benachbarten Städten die "Turnerei" kennen und lieben gelernt hatten, warben unablässig und trugen die Idee Jahns, dass die körperliche Ertüchtigung der Jugend gleichberechtigt neben der Geistesbildung stehen müsse, auch in unser Dorf. Die Haltung dieser jungen Männer überzeugte.  Am 2. April 1906 beschloss "eine stark besuchte Versammlung", wie es im Gründungsprotokoll heißt, "die Gründung eines Turnvereins zu Berstadt".

Voll Idealismus geht der junge Verein unter der Führung der ehemaligen Ehrenmitglieder Hermann Block und Karl Bopp an die Arbeit.  Schon am 14. Mai erwirbt er die notwendigen Geräte.  Die Gemeindeverwaltung stellt 200 Mark zur Verfügung.  Auch ein Spielmannszug wird im ersten Vereinsjahr gegründet. - Zielbewusst kann nun die Arbeit an der Ertüchtigung der Jugend beginnen; die schulentlassene männliche Jugend schließt sich fast ausnahmslos dem Turnverein an.

Wie ernst es die Leitung des Vereins mit ihrer Aufgabe nimmt, geht aus der Tatsache hervor, dass sie Herrn Turnlehrer Hain aus Friedberg verpflichtet, Turnstunden abzuhalten, um Turnern und Vorturnern Anregungen zu geben und ihre Leistungen zu steigern.  Diese zielbewusste Arbeit trägt Früchte.  An allen Turnfahrten und Gauturnfesten des Gaues Wetterau, dem sich der Verein am 11.  November 1907 angeschlossen hat, beteiligen sich stets Berstädter Turner und ringen in friedlichem Wettkampf um den Sieg.  Dass der Verein auch das kulturelle Leben des Dorfes weitgehend mitbestimmt, sei nur erwähnt.

Der Gau Wetterau, der sieht, welch vorbildlich turnerische Arbeit hier geleistet wird, überträgt dem Turnverein 06 Berstadt die Gauturnfahrt am 15. und 16. Juni 1913.

Ganz Berstadt nimmt an diesem ersten Turnfest in seinen Mauern freudigen Anteil und erweist den Turnern, die von nah und fern herbeigeeilt sind, seine Gastfreundschaft.  Der gastgebende Verein, dessen Fahne, die leider in den Wirren der Kriegs- und Nachkriegsjahre des 2. Weltkrieges verloren ging, geweiht wird, kann die Bevölkerung erneut für die Leibeserziehung begeistern und hat einen beträchtlichen Zugang an neuen Mitgliedern. Diese stete Aufwärtsentwicklung wird durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges jäh unterbrochen.  Die Turner, die am 14. Juli 1914 an dem Gauturnfest in Bleichenbach teilnehmen, ahnen nicht, dass sie wenige Tage später in einen langen, blutigen Krieg ziehen müssen.  Allen Widerständen zum Trotz kommt die Tätigkeit des Turnvereins in diesen schweren Zeiten nicht zum Erliegen.

„Jens Zerb einfügen Bild Schulklasse“

Schon am 18. Januar 1919 hält der Verein seine erste Generalversammlung nach dem großen Völkerringen ab. Welche Bilanz! Eine große Anzahl treuer Mitglieder ist gefallen, viele sind noch in Kriegsgefangenschaft.  Jedoch die Begeisterung für das Turnen ist geblieben.

Wie herzlich begrüßt die Bevölkerung die Turner, als sie am 7. September 1919 vom Bezirksturntag in Geiß-Nidda mit glänzendem Erfolg heimkehren.  Durch zähe, zielbewusste Arbeit gelingt es, den Verein zu neuer Blüte zu führen.  Die Erfolge der Turner bestätigen es: im Jahr 1921 erringen Berstädter Turner die Bezirksmeisterschaft im Hochsprung, im Stabhochsprung und im Stafettenlauf.

In den darauf folgenden Jahren schenkt der Verein auch den Damen und dem Schülerturnen stärkere Beachtung.  Es gelingt dem Vorstand, in Willi Strauch einen Turner zu gewinnen, der durch großes Können (er erringt in den Jahren 1931 und 1932 die Gaumeisterschaft an Barren und Reck und 1932 den Ehrensieg im Gerätezehnkampf) und als Vorbild dem Turnen einen neuen Auftrieb gibt. - 1931 besteht der Turnverein Berstadt 25 Jahre.  In seinem Jubiläumsjahr richtet er die Gauturnfahrt des Gaues Wetterau aus. Wie schon 12 Jahre vorher zeigt Berstadt, dass es ein Dorf der Turner ist.

 

Geschichte                                                                  1932 - 1956

 

Der politische Umschwung im Jahr 1933 wirkt sich auf das Vereinsleben und seine Entwicklung ungünstig aus.  Die Bevormundung des Vereins durch die Partei und ihre Gliederungen und seine Gleichschaltung im DRL lähmt und hindert fast jedes organische Wachstum und jede Eigentätigkeit.

So musste laut einer Protokollbucheintragung bezüglich der Generalversammlung am 03. Februar 1934 der damalige Vorsitzende bekannt geben, dass der gesamte Vorstand auf Anordnung des Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler sein Amt niederlegt und der Generalversammlung anheim stellt, einen neuen Führer des Vereins zu bestimmen. Diese wählte den bisherigen Vorstand wieder, der seinerseits den alten Vorstand wiederum bestimmte.

 Auch in dieser Zeit nahm die Turnbewegung in Berstadt eine kontinuierliche Entwicklung ohne gesellschaftliche Spaltung und Klassenunterschiede. In anderen Orten gab es dagegen Arbeiterturnvereine, bürgerliche Turnvereine, politische Turnvereine, die sich gesellschaftlich voneinander abgrenzten. Ebenso unterblieb eine entsprechende Anpassung der bestehenden Satzung, die dem politischen Zeitgeist Rechnung getragen hätte.

 Der Zweite Weltkrieg legt das Vereinsleben vollends lahm; die meisten aktiven Turner sind zur Wehrmacht einberufen.

Mit dem Zusammenbruch 1945 scheint das Ende der Turnerei gekommen.  Die Ideale Jahns, von den Besatzungsmächten falsch aufgefasst und als Nationalismus gebrandmarkt, sollen nie mehr im deutschen Volk lebendig werden.  Hinzu kommt, dass zahlreiche Turner gefallen und vermisst sind.

 Zwei Jahre nach Kriegsende - 1947 - wurde durch die Initiative von Willi Strauch, zusammen mit Willi Hofmann, Rudolf und Reinhold Heinz, Erwin Rau, Willi Schmidt und Walther Geist das Turnen wieder ins Leben gerufen.

Nach kurzer Zeit verfügte man über eine 1. und 2. Riege. Die 1. Riege war ca. 10 Mann, die 2. ca. 20 Mann stark.  Durch das große Talent und der Zielstrebigkeit des leider so früh verstorbenen Willi Strauch erreichte die 1. Riege sehr bald ein hohes Leistungsniveau.  So kam es, dass die Turner der 1. Riege des TV 06 Berstadt gern gesehene Mitstreiter auf allen Gauturnfesten waren und sich in die Siegerlisten eintragen konnten.

Vergleichskämpfe mit Rendel, Dauernheim, Geiß-Nidda, Rainrod und Wölfersheim waren einige Höhepunkte in den 50er Jahren.  Aufgrund von Einladungen von Vereinen der näheren Umgebung, so z. B. in Trais-Horloff, Inheiden, Obbornhofen, Bellersheim, Wohnbach, Utphe, Melbach und Wölfersheim, wurde von unseren Vereinsmitgliedern Schauturnen gezeigt.  Nicht zu vergessen ist das traditionelle Weihnachtsturnen, das zur damaligen Zeit im Saale Völbel stattfand.

In diese Jahre fiel der Aufbau des Spielmannszuges, der ab 1956 von Wolfgang Eiser übernommen wurde.

1955 wurde dem TV 06 Berstadt das 4. Gauturnfest vom 25. - 27.06. vom Turngau Wetterau-Vogelsberg übertragen. 900 Teilnehmer nahmen an den Wettkämpfen am Samstag und Sonntag teil.  Hierbei zeigte es sich wieder einmal, wie sehr die Bevölkerung Berstadts mit dem Turnverein verbunden ist.  Es konnten von den 900 Teilnehmern 850 Turner und Turnerinnen in Privatquartieren untergebracht werden.

 

Geschichte                                                                  1957 - 1981

 In den darauf folgenden Jahren wurde einiges an sportlichen Erfolgen erreicht. Es konnte z. B. der alljährlich am 1. Mai von der Gewerkschaft Bergbau veranstaltete Wettkampf in Leichtathletik im Jahre 1957 zum dritten Mal von den Turnern des TV 06 gewonnen werden, sodass der gestiftete Pokal in unser Eigentum überging. 1958 nahm eine kleine Gruppe von Turnerinnen und Turnern unseres Vereins am Deutschen Turnfest in München teil. 1959 an Pfingsten war im Rahmen eines Sportfestes die neu errichtete Sportanlage eingeweiht worden, die unserer leichtathletischen Betätigung großen Auftrieb gab.

Ende der 50er Jahre - bedingt durch größere Freizeitangebote, berufliche Veränderungen und ungünstige Übungsbedingungen verringerte sich die Zahl der aktiven Turner.  Trotz dieser Umstände wurden alle Turnfeste auf Gau-, Landes- und Bundesebene mit Erfolg besucht.

Andererseits erlebte zu dieser Zeit die Leichtathletik einen Höhenflug.  Vereinsmitglieder dieser Sparte nahmen teil an Wettkämpfen auf Kreis-, Bezirks- und Landesebene und konnten gute Platzierungen erringen, so z. B. bei den Kreisleichtathletik-Meisterschaften am 27./28.06.1964 in Bad Nauheim, wo unsere 4 x 100 m Staffel den Titel des Kreismeisters erkämpfte.  Außerdem wurden hier von einzelnen Leichtathleten unseres Vereins mehrere 1., 2. und 3. Plätze belegt.  Am Deutschen Turnfest vom 28.05. - 02.06.1968 in Berlin nahmen außer den Spielleuten lediglich ein Turner und eine Turnerin jedoch mit beachtlichem Erfolg teil.

Aus dem relativ kleinen Stamm aktiver Turnerinnen und Turner wurde dann - nicht zuletzt durch die Errichtung der Mehrzweckhalle im Jahre 1975 - ein neuer Anfang geschaffen.  Hier fanden die Aktiven ein lang gewünschtes Domizil.  Jetzt waren wir in der Lage, Turnstunden den heutigen Anforderungen entsprechend zu gestalten und auszurichten. In diese Zeit fiel die Gründung der „Freitagsriege“, die ihren Namen dem Übungstag Freitag verdankt. 

Der gesamte turnerische Breitensport hat seit Eröffnung der Mehrzweckhalle eine stetige Aufwärtsentwicklung erfahren.  Hierdurch inspiriert, erwarben 4 Vereinsmitglieder die Lizenz zum Übungsleiter.  Das Geräteturnen, vom Jugend- bis zum Altersturnen in verschiedenen Gruppen, konnte wieder gepflegt und ausgebaut werden, und nicht zuletzt die Freude an einer gepflegten und zweckentsprechenden Übungsstätte gab den jüngeren ebenso wie den älteren Sportlern wieder ein gewisses Gefühl der Zusammengehörigkeit und des Gemeinsinns. Neu angeboten in dem Programm für Breitensport wurde Volleyball. Der Turngau Wetterau-Vogelsberg veranstaltete erstmals 1978/79 eine inoffizielle Volleyballrunde, an der sich auch männliche Mitglieder unseres Vereins beteiligten.

Unter Einbeziehung dieser aufstrebenden Entwicklungen unseres Vereins und auch im Blick der finanziellen und haftungsrechtlichen Verantwortlichkeiten des Vereinsvorstandes machte sich dieser im Laufe des Jahres 1977 Gedanken über die Eintragung des Vereins in das Vereinsregister des Amtsgerichts Friedberg durch die formale Gründung eines eingetragenen Vereins unter dem heutigen Namen „Turnverein 1906 Berstadt e.V.“

 Erstmals in der Mitgliederversammlung am 14. Januar 1978 erfolgte nach einem Kurzvortrag über den Sinn und Zweck sowie dem Für und Wider einer solchen Eintragung durch den Schriftführer Gerhard Müller eine Erörterung auf breiter Basis mit den erschienen Mitgliedern. Abschließend erhielt der Vorstand von der Versammlung den Auftrag, nicht zuletzt wegen der gestiegenen Mitgliederzahl eine neue Satzung zu erarbeiten, die den inhaltlichen und formellen gesetzlichen Erfordernissen für die Registereintragung entspricht.

Im Laufe es Jahres 1978 erfolgte dann durch den geschäftsführenden Vorstand Horst Hahn, Gerhard Müller und Günther Schön die Vorlage einer Satzung, die in verschiedenen Vorstandsitzungen erörtert und abgestimmt wurde.

 In der Mitgliederversammlung des darauf folgenden Jahres am 13.01.1979 erfolgten dann die Lesung und die Verabschiedung der neuen Satzung, die einstimmig von der Mitgliederversammlung angenommen worden war.

Unter Vereinsrollen Nr. 502 gelangte unser Verein, der somit eine eigene Rechtspersönlichkeit besaß, am 19. März 1979 in das Vereinsregister beim Amtsgericht Friedberg.

 Nach einer zwischenzeitlich wegen der Änderung der Abgabenordnung erforderlich gewordenen und im Jahre 1980 durchgeführten Satzungsänderung bezüglich der Konkretisierung der Gemeinnützigkeit des Vereins besteht die Satzung auch heute noch in dieser Form.

 Nachdem Jugendliche in so großer Zahl innerhalb unseres Vereins zu fördern und zu betreuen waren, konnte sich eine Jugendbreitenarbeit konstituieren, die sich die Aufgabe zu eigen machte, die gesamte Jugend aus allen bestehenden Gruppen in Sport, Spiel, Musik und Freizeit Brücken schlagen zu lassen, die letztlich dem Wohle des Vereins zustatten gekommen sind.

Nicht unerwähnt bleiben sollte innerhalb der Jugendbreitenarbeit der Jugendpresseausschuss, welcher die Belange unseres Vereins in teils heiterer und teils kritischer Weise unseren Mitgliedern zur Kenntnis brachte. Im weiteren Verlauf dieser Aufgaben fanden etwa ab 1980 Jugendversammlungen statt und es wurde ein gesonderter Jugendvorstand gewählt.

 Anfangs 1980 bereits rüstete sich der Verein auf sein 75 jähriges Jubiläum, das vom 19.-22.06. 1981 gebührend gefeiert wurde. Mit Konzerten, Gauturnen, Kommersabend und zum Abschluss einem Festzug wurde es zu einem unvergesslichen Erlebnis.

Nicht zuletzt durch solche Festivitäten fanden die Aktiven und Besucher des TV 06 immer wieder einen neuen Anreiz sich zu engagieren.

Im  gleichen Jahr erwarben Übungsstundenleiter nach entsprechendem Lehrgang an der Hessischen Landesturnschule Bad Vilbel ihre Lizenz für Gymnastik und  Kunstturnen.

Die beiden jährlichen Vereinswanderungen waren mit ca. 400 Teilnehmern wiederum gut besucht.

 

Aufbruch ins neue Jahrtausend                                1982 - 2006

Auch vereinsübergreifend war der TV 06 aktiv. So beteiligte er sich 1982 am Festzug des KSV anlässlich dessen 60-jährigen Vereinsjubiläums mit einem Motivwagen, verschiedenen Gymnastikgruppen, dem Musikzug und Schülergruppen. Sicherlich war letztlich die Stabilität in der Entwicklung des TV 06 auch zurückzuführen auf seine kontinuierliche Vereinsführung. So schied nach über 30-jähriger Tätigkeit Franz Spieler aus dem Vorstand des TV 06, in dem er zuletzt 2. Vorsitzender gewesen war, aus. Aufgrund seiner großen Verdienste, die er sich um den Verein erworben hatte, ernannte ihn der 1. Vorsitzende Horst Hahn zum Ehrenturnwart. Ebenso tat sich in diesen Jahren einiges im rein gesellschaftlichen Bereich unseres Vereinslebens. So finden jährlich wie bereits seit Ende der 70er Jahre Kappenabende innerhalb der Aktiven im TV 06 statt. Im Rahmen der Vereinsgemeinschaft fand in 1983 auch ein Sommernachtsfest statt, an dem sich unser Verein aktiv bei dessen Ausrichtung beteiligte. Im sportlichen Sektor ging es immer mehr in den Breitensport. So fand erstmals in 1984 auf Betreiben des rührigen Jugendvorstandes eine Radwanderung durch die Feldgemarkungen nach Münzenberg statt. Im gleichen Jahre konnte der TV 06  seine Übungsstätten durch den Bau der neuen Turn- und Sporthalle in Wohnbach erweitern. Dort erfolgte eine Übungsstundenbelegung durch eine Kinderturngruppe, die Jazzgymnastik I sowie eine Volleyballgruppe. In 1984 nahm der TV 06 auch am 140jährigen Jubiläumsfest des örtlichen Männergesangvereins mit einigen Gruppen Teil. Durch die Breite unserer Angebotspalette wuchs natürlich auch unsere Mitgliederzahl. Von den in 1985 insgesamt 460 Mitgliedern waren 150 Aktive im sportlichen Bereich. In diesem Jahr gründete sich das Mutter- und Kindturnen im TV 06, das zunächst von Gudrun Klein und Gerhild Brand geleitet wurde.

Im Jahre 1986 stand dann das 80 jährige Jubiläumsfest an, das am 23. und 24. August in kleinerem Rahmen gefeiert wurde. Nach einer wieder aufgefundenen Bildvorlage der ehemaligen Fahne, die im Jahre 1913 geweiht und danach in den Wirren des 2. Weltkrieges abhanden gekommen war, wurde zuvor eine neue Vereinsfahne anfertigen lassen. Lediglich die Fahnenstange wurde im alten Rathaus bei Umbauarbeiten der ehemaligen Volksbank Berstadt wieder zutage gefördert. Die Finanzierung der neuen Fahne erfolgte über viele Spenden, sowohl von Vereinsmitgliedern als auch aus der Bevölkerung.

Für das Jahr 1986 gab es allerdings nicht nur Erfreuliches zu berichten. Ein Weltgeschehnis nahm auch Einfluss auf unseren Terminplan: das Vereinsturnen und unsere Wanderung fielen  wegen der Atomkatastrophe in Tschernobyl im Mai aus.

Das Jahr 1987 war hauptsächlich bestimmt von den Vorbereitungen und der Teilnahme am Deutschen Turnfest in Berlin. Daneben nahmen verschiedene Gruppen auch am Jubiläumsfest der örtlichen Feuerwehr vom 12.- 15.06. teil. Nach erfolgreicher Rückkehr aus Berlin fand am 21.08.1987 die Anpflanzung der mitgebrachten Turnfesteiche in feierlicher Zeremonie unter den Klängen des Musikzuges statt. Auch die folgenden Jahre waren getragen von aktiver Vereinsarbeit. Der TV 06 richtete zahlreiche Veranstaltungen selbst aus bzw. nahm teil an solchen. So wurde der Gauturntag 1988 in Berstadt abgehalten. In 1989 besuchte der TV 06 jeweils mit einer stattlichen Zahl von Vereinsmitgliedern das Hessische Landesturnfest in Wiesbaden sowie das Deutsche Turnfest in Dortmund/Bochum. Ebenso war der TV 06 aktiv beteiligt bei der Ausrichtung des 1. Berstädter Dorffestes mit Einweihung des neu gestalteten Tanzhofes.

Das Jahr 1991 war gekennzeichnet von einem vereinshistorischen Ereignis besonderer Art. Nach 22 Jahren im Amt des 1. Vorsitzenden fand ein Wechsel in dieser Position von Horst Hahn auf Manfred Koppe statt. Hinter Horst Hahn liegt ein sehr erfolgreiches, bewegtes Kapitel der Vereinsgeschichte. Seit 1951 ist er aktives Vereinsmitglied, davon allein 34 Jahre in verschiedenen Ämtern des Vorstandes, seit 1969 1. Vorsitzender, der allzeit wusste, die Geschicke des Vereins in rechte Bahnen zu lenken. Von damals 200 Mitgliedern führte er den Verein zu einer Größe von 561 Mitgliedern. Unter seiner Regie wurden mehrere größere Vereinsfeste durchgeführt. In unermüdlichem persönlichem Einsatz führte er den Verein zu immer neuen Höhen. Manfred Koppe als neuer 1. Vorsitzender ernannte sodann Horst Hahn unter Zustimmung der Mitgliederversammlung zum Ehrenvorsitzenden. Ebenfalls wegen großer Verdienste im TV 06 ernannte er die Mitglieder Kurt Appel, Heinrich Hofmann, Wolfgang Eiser und Arnold Storck zu Ehrenmitgliedern. Kurt Appel war seit 40 Jahren im TV-Vorstand, Heinrich Hofmann fast ebenso lange.

1992 stand wiederum ein größeres Fest an, nämlich das Gaukinderturnfest, das der TV 06 am 14.06.ausrichtete. Bei bestem Wetter nahmen ca. 1300 Kinder an dieser Großveranstaltung teil, die Dank guter Vorbereitungen durch den TV 06 und seiner ca. 80 Helfer zu einem gelungenen Ereignis für alle Beteiligte wurde. Auch das Jahr 1992 klang für den TV 06 aus mit der 2-tägigen Weihnachtsveranstaltung, in der fast alle Gruppen des Vereins ihren Einfallsreichtum u. ihr Können unter Beweis stellten. Danach fand anfangs folgenden Jahres die alljährliche Mitgliederversammlung, in deren Verlauf es auch zu einem Wechsel im Amt des Schriftführers kam, statt. Gerhard Müller, der diese Position 16 Jahre lang bekleidet hatte, schied aus dem geschäftsführenden Vorstand aus. Der 1. Vorsitzende bedankte sich bei ihm für die geleistete Arbeit uns sein Engagement. Auch den langjährigen Vorstandsmitgliedern Günther und Roswitha Schön dankte er für ihr unermüdliches und kreatives Wirken von nunmehr 25 bzw. 20 Jahren im TV 06 Berstadt. Anschließend erhielten alle drei ein Geschenk.

Im Jahre 1993 nahmen Turnvereinsmitglieder freiwillig an einer Baumpflanzaktion im Berstädter Markwald teil, die anlässlich des „Tag des Baumes“ bundesweit durchgeführt wurde, nachdem bereits im Jahre 1991 umfangreiche Aufräumungsarbeiten stattgefunden hatten, was eine willkommene Abwechslung zu den alljährlich wiederkehrenden Veranstaltungen brachte. Ein weiterer Höhepunkt war die Teilnahme am Dorffest, bei dem der TV 06 einen wesentlichen Teil der Programmgestaltung übernahm.

Im Wonnemonat Mai 1994 brach der TV mit vielen aktiven und passiven Teilnehmern zu einem Deutschen Turnfest, diesmal nach Hamburg, auf. Es sollte wieder eine sehr erfolgreiche Fahrt werden, bei der diesmal der Musikzug die erfolgreichste Teilnehmergruppe war. Während dieser Woche konnte man den anwesenden Silberpaar Bernd und Irene Müller sogar ein Ständchen bringen. Ebenso spielte der Musikzug einem dort ansässigen Mitglied zur Hochzeit auf.  Im Juni nahm der Verein am Jubiläumsfest des Gesangvereines teil. Man konnte nicht nur den Kommersabend unterstützen, sondern stellte auch mehrere Fußgruppen bei dem Festumzug. In der im Januar 1995 stattfindenden Mitgliederversammlung wurden zwei altgediente Turner, Karl Schön und Erwin Rau, aufgrund ihrer langjährigen Mitgliedschaft und besonderen Verdienste zu Ehrenmitgliedern ernannt.

Der neu gebaute Feierraum an der Mehrzweckhalle Berstadt verhalf dem TV nach der Einweihung im Januar 1995 zu einem flexibleren Übungsstundenbetrieb. Man konnte die Stunden, die bisher in Wohnbach abgehalten worden sind, nun im eigenen Ort durchführen.

Die Neugründung einer Seniorengymnastikgruppe durch Roswitha Schön wurde nun Wirklichkeit; diese neue Übungsstunde fand auch sofort großen Zuspruch bei den älteren Männern und Frauen.

Als größere sportliche Veranstaltung fand am 02. Juli das Gaukinderturnfest in Berstadt statt, das bereits zum zweiten Mal an den TV 06 als Ausrichter vergeben wurde. Neben den üblichen weiteren Vereinsveranstaltungen waren die Vereinsaktivitäten hauptsächlich auf das ausstehende Vereinsjubiläum im Jahre 1996 gerichtet.

Die 90-jährige Jubiläumsfeier wurde mit einem Festwochenende vom 28.06. bis 01.07.1996 begangen. Wieder wurde durch den Vorstand und vielen TV´lern ein unvergessliches Wochenende geboten. Es wurden Ehrungen durchgeführt, erstmals eine Bilderausstellung durch Ronald Knöll im Anbau der MZH aufgebaut, buntes Programm im großen Festzelt geboten, viel getanzt und gelacht. Auch ging eine Ära an diesem Wochenende zu Ende, man musste erstmals einen bezahlten Übungsleiter einstellen. Jürgen Storck gab den Taktstock ab und man hatte den Berufsmusiker Josef Geisler (Herresmusikkorps Kassel) engagieren können.  Dies wurde in den vorangegangenen Vorstandssitzung konstruktiv  diskutiert, aber man musste mit der Zeit gehen. Wollte man sich im Bereich Musik weiterbilden und das bisher erreichte Niveau halten bzw. noch verbessern, blieb keine Wahl.

Schon die Teilnahme beim Hessischen  Landesturnfest 1997  in Wetzlar zeigte den Erfolg, das Blasorchester erreichte den 1. Rang mit Auszeichnung.

Aber auch die Damengymnastik engagierte sich und nahm bei der Abschlussveranstaltung in Wetzlar teil.

Ebenso beteiligte sich der Turnverein bei den Festivitäten des KSV in diesem Jahr.

Ein Verein hat seine Höhen und Tiefen, so fand das Wandern im Berstädter Markwald 1997 zum letzten Mal statt. Die Beteiligung war leider ständig rückläufig, sodass diese Veranstaltung nicht mehr weiter geführt wurde.

Erstmals wurde ein Konzert des Blasorchesters in der MZH Berstadt durchgeführt und fand bei der Berstädter Bevölkerung großen Anklang.

Der langjährige Rechner Günther Schön gab in 1997 bekannt, dass er für das Amt des Rechners nicht mehr zur Verfügung steht, was großes Bedauern im Vorstand auslöste. In den folgenden Vorstandssitzungen wurde überlegt, wer solch eine vertrauenswürdige und zeitaufwändige Arbeit übernehmen könnte und dazu bereit wäre.

Hierfür konnte Ehrhard Brand gewonnen werden. In der Mitgliederversammlung am 10.01.1998 wurde er zum Rechner gewählt.

Auf Antrag des Vorstandes wurde der bisherige Rechner Günther Schön von der Mitgliederversammlung zum Ehrenmitglied gewählt. Unter großem Beifall überreichte der erste Vorsitzende Manfred Koppe die Ernennungsurkunde und bedankte sich für die jahrzehntelange aktive Tätigkeit im Verein.

Die Turner und Turnerinnen sowie das Blasorchester und die Damengymnastikgruppe nahmen im Mai 1998 am Deutschen Turnfest in München mit großer Begeisterung teil. Dies führte dazu, dass letztere im Rahmen des ausgewählten Hessenblocks 1999 die Weltgymnaestrada in Göteborg besuchte.

Die Zeit im Vorfeld der Jahrtausendwende war geprägt von den Planungen und Vorbereitungen zum 50-jährigen Jubiläum der Abteilung Musik. Das 3-tägige Fest vom 16. – 18.06. 2000 bot einen bunten Reigen an musikalischen Besonderheiten. Auch wurde eine Bildergalerie mit teils historischem Charakter sowie eine Instrumentenausstellung gezeigt.

Am Kommersabend präsentierte sich das Blasorchester erstmals in den neu angeschafften Uniformen.

Im sportlichen Bereich folgte man einer neuen Trendsportart, dem Inlineskaten. Vom Jugendvorstand organisiert und durch ein Sporthaus unterstützt wurde ein sehr gut besuchter Inlinertag auf dem Gelände der Firma Storck durchgeführt. Diese Idee wurde durch den 3. Platz bei der Prämierung von Veranstaltungen durch die Hessische Sportjugend ausgezeichnet.

Der Jahreswechsel 2001/2002 war geprägt von der Währungsumstellung der Deutschen Mark auf den Euro. Im Allgemeinen hatten viele Unternehmen, Versicherungen und Vereine die Umstellung auf den Euro genutzt, nicht nur nach oben zu runden, sondern auch gleich eine Beitragserhöhung zu beschließen. Der Vorstand des TV 06 entschloss sich jedoch, zunächst den  Beitrag centgenau in Euro umzurechnen. Dies wurde auch so in der Mitgliederversammlung am 12.01.2002 bekannt gegeben. Erst im darauf folgenden Jahr wurde die ohnehin längst fällige Beitragserhöhung in der Mitgliederversammlung am 18.01.2003 beschlossen.

An diesem Abend musste sich der TV von seinem langjährigen Turnwart Ronald Knöll verabschieden. Manfred Koppe würdigte dessen bis dahin 25-jährige engagierte Vorstandstätigkeit im turnerischen Bereich. Unter seiner Betreuung wurde der Turn- und Leichtathletiksport in Berstadt wiederbelebt. Darüber hinaus bekleidete er im Gau Wetterau-Vogelsberg dort zuletzt das Vorstandsamt des Gauoberturnwartes. Der 1. Vorsitzende dankte ihm für die langjährige ehrenamtliche Tätigkeit und überreichte ein Geschenk.

Nicht nur im sportlichen Bereich musste sich der Verein immer neuen Trends und Entwicklungen anpassen, sondern auch im Verwaltungsbereich erfolgten Veränderungen. Jens Zerb brachte den Turnverein mit einer eigenen Homepage ins Internet. Ehrhard Brand stellte die Kassenbuchführung auf EDV-Rechner um und Bernd Müller führte die computergestützte Mitgliederverwaltung ein.

 Erweiterungen auf dem sportlichen Gebiet gab es im Jahre 2003 durch die Eingliederung der Inline-Hockey Gruppe Wölfersheimer Devils. Die sehr erfolgreich in der Landesliga spielenden Skater stellen eine echte Bereicherung für die Vereinsbetätigung des TV 06 dar.

Einen erheblichen Verlust in der Vorstandstätigkeit erlitt der Turnverein, als Roswitha Schön ihr Amt im Vorstand nicht mehr weiter ausübte. Nach anfänglicher unterstützender Betätigung als Übungsleiterin für Gymnastik entwickelte und betreute sie die Jazzgymnastikbewegung im Verein, bis die angehende Sportstudentin Sigrid Kauß eine professionelle Jazzgymnastik gründete. Roswitha Schön arbeitete aktiv 29 Jahre im Vorstand als Frauenturnwartin mit. Darüber hinaus gründete sie 1995 eine Seniorengymnastikgruppe, die sie sehr erfolgreich bis heute leitet. Aufgrund dieser außerordentlichen Verdienste wählte die Mitgliederversammlung sie zum Ehrenmitglied. Der 1. Vorsitzende würdigte ihr Wirken und überreichte die Ernennungsurkunde und ein Geschenk.

Im Rahmen der Weihnachtsfeier 2003 wurde der seitherige Dirigent Josef Geisler aus den Diensten des TV 06 verabschiedet. Nach erfolgreicher achtjähriger Tätigkeit verließ er aus beruflichen Gründen den Verein. Bereits im Februar 2004 konnte nach vorangegangenen Gesprächen Josef Retter als neuer Dirigent gewonnen werden.

Die Gesundheitsreform wirkte sich letztlich auch auf unser sportliches Angebot aus. Wir folgten in den letzen Jahren den aktuellen Sporttrends Aerobic, Thai Bo, Nordic Walking und Rücken- und Wirbelsäulengymnastik. Dafür absolvierten die Übungsleiter die verschiedensten Lehrgänge, und in Kürze werden wir das Gütesiegel des Landessportbundes beantragen.

Durch diese Aktivitäten stabilisierte sich unsere Mitgliederzahl bei 800 und ist weiterhin steigend.

Das Hauptziel unserer Vereinsarbeit ist und bleibt der Breitensport. Daneben sind wir bemüht, innerhalb unseres Vereins die Jugendarbeit zu fördern und die Jugendlichen verstärkt in die Vorstandsarbeit zu integrieren.

Ferienspiele der Gemeinde und die Durchführung eines Seniorennachmittags sind weitere Betätigungsfelder des Vereins. Nach erstmaliger Durchführung von Ferienspielen, an denen sich der TV 06 beteiligte, reifte die Idee, ein Jugendorchester zu gründen, die von Andreas Weinelt erfolgreich umgesetzt wurde.

Die drei Hauptabteilungen des TV, Turnen, Musik und Gymnastik, gliedern sich in 12 Turnriegen, 2 Volleyballgruppen, 1 Leichtathletikgruppe, 1 Badmintongruppe, 1 Inlinehockeygruppe, 6 Gymnastikgruppen, 3 Musikgruppen und 1 Nordic Walking Gruppe, die von 38 Übungsleitern betreut werden.

Mit Blick auf das anstehende 100-jährige Vereinsjubiläum, zu dem die organisatorischen Arbeiten bereits 2004 begonnen wurden, hielt es der Vorstand für sinnvoll, Laptop und Projektor zur Koordinierung der Tätigkeiten der Ausschüsse und des Vorstandes anzuschaffen.

Ein besonderes Highlight im Jahre 2005 war die Radiosendung von HR 4 „Mein Verein“, die am 11. September live aus der Mehrzweckhalle Berstadt übertragen wurde. Vor einem Publikum, das begeistert mitging, wurden die gestellten Aufgaben von Aktiven mit Bravour gelöst. Die Veranstaltung endete mit einem selbst getexteten Lied, das von allen Anwesenden lautstark gesungen wurde. 

Dank des allwährenden Engagements der Vereinsführung und Übungsleiter sowie der Vereinstreue seiner Mitglieder und Helfer hat der Verein im Ergebnis eine positive Entwicklung genommen. Nur durch die ehrenamtliche Vereinstätigkeit, die sich in der heutigen Zeit immer schwieriger gestaltet, ist es möglich, dieses Vereinsleben in dem oben beschriebenen Sinne zu gestalten.

Für die Zukunft des Vereins hoffen wir, dass er sich auch weiterhin dem jeweiligen Wandel der Zeit anpassen und den Mitgliedern eine erfüllte Vereinsgestaltung beschieden sein möge.